Das große Interview mit Petra Harms – der ersten Frau an der Spitze des Vereins

TVB Allgemein

127 Jahre hat es gedauert, bis die erste Frau an der Spitze des TVB steht. Zusammen mit Dirk Ortwein (Finanzen), Ralf Sensfelder (Sport) sowie Hans Peter Jockel (Kultur) leitet Petra Harms mit der Hauptaufgabe „Organisation und Verwaltung“ seit April 2015 den Verein. Doch wer ist eigentlich Petra Harms? Sie ist ja „koa Biddelbernern“, sondern „is zugezoue unn schun wirrer fortgezoue“. Wir haben ihr einfach mal ein paar Fragen gestellt, über ihr neues Amt, ihr privates Leben und ihre Visionen.

TVB: Petra, wie fühlst Du Dich so nach fast einem Jahr im Amt als Vorsitzende des TV Büttelborn? Immer noch voller Elan?

Petra: Auf jeden Fall! Klar gibt es Hochs und Tiefs, wo man auch mal durchhängt, aber alles in Allem bin ich motiviert. Zumal es immer wieder was Neues gibt. Aktuell stehen wir ja in den Anfangsplanungen von großen Projekten, das ist schon spannend.

TVB: Bisher waren ausschließlich Männer an der Spitze des Vereins – wurde es Zeit, dass auch die Frauen ein bisschen mehr zu sagen haben?

Petra (schmunzelt): Die Frauenquote in der Führungsetage liegt beim TV bei 25%. Da kann so manch ein DAX-Unternehmen nicht mithalten. Aber Spaß bei Seite. Ich denke, in der Außendarstellung machte es sich in der Tat gut, wenn es in der Führungsriege auch ein weibliches Gesicht gibt. Aber solche Entscheidungen sollten nicht übers Knie gebrochen werden, nur um eine „Quote“ zu erfüllen. Unsere Vorstandsstrukturen waren vor kurzem noch ganz anders, da hätte ich es mir auch nicht vorstellen können, als Vorsitzende zu kandidieren.

TVB: Was sind so Deine Hauptaufgaben als Vorsitzende?

Petra: Ich bin verantwortlich für unseren FSJler. Ich führe die Bewerbungsgespräche, die aktuell auch wieder im Gange sind und treffe dann auch die Entscheidung, wer unser „Neuer“ ist. Jegliche Korrespondenz mit den Behörden und Verbänden gehört zu meinem Aufgabengebiet. Auch die Kommunikation mit Sponsoren, die Verwaltung der Ein- und Austritte, Einladungen zu Veranstaltungen läuft meist über mich. Zudem bin ich Ansprechpartner für Ehrungsausschuss, Übungsleiter, Montagsmaler, leite und protokoliere Sitzungen und vertrete den Verein auch beim Kulturring. Und ich unterstütze natürlich auch unseren Finanzminister Dirk Ortwein, sofern er mich auch mal mit den Zahlen spielen lässt.

TVB: Du bist ja keine Ur-Biddelbernerin. Wo kommst Du eigentlich her und wie kam es, dass Ihr in der Weltstadt Büttelborn nun so aktiv seid?

Petra: Ich bin gebürtig aus Hannover, dort habe ich meine Ausbildung zur Speditionskauffrau abgeschlossen. Da mein heutiger Mann Christian nach seinem Studium im Norden keinen Job gefunden hat, ging die Reise gen Süden. Von Nauheim, über Klein-Gerau, Büttelborn sind wir nun in Goddelau gelandet. Und wenn ich die 13 Jahre mal Revue passieren lasse, war es eine gute Entscheidung nach Hessen zu kommen. Die Integration klappt jedenfalls super.

TVB: Und wie bist Du dann zum TVB gekommen?

Petra: Ich hatte mich für Badminton interessiert. Da das Mieten eines Badmintonfeldes auf Dauer keine Lösung war und ich auch ein bisserl Technik lernen wollte, war es das Naheliegende in einen Verein zu gehen. Zu dem Zeitpunkt haben wir schon in Klein-Gerau gewohnt und beim TV Büttelborn wurde Badminton angeboten. Das hatte gepasst. Zur Geschäftsstelle bin ich dann später gekommen, weil mir daheim die Decke auf den Kopf gefallen ist. Und von der Geschäftsstelle war der Weg nicht weit in den Vorstand.

TVB: Bereust Du es?

Petra: Nein, keine Sekunde. Im Laufe der vielen Jahre gab immer wieder Herausforderungen und spannende Themen, vor allem das Jubiläumsjahr 2013 war etwas ganz Besonderes.

TVB: Was macht Petra Harms, wenn sie nicht an den Verein denkt?

Petra: Am liebsten Reisen. Leider muss zwischen den Reisen so viel gearbeitet werden. Wir haben schon einige interessante Länder bereist, aber es stehen noch so viele auf der Liste. Ich lese gern und seit letztem Jahr habe ich einen kleinen Garten, der auch gepflegt werden will.

TVB: Du bist jetzt mit Deinem Mann Christian nach Goddelau gezogen. Trotzdem ist Christian fast jeden Montag bei den Montagsmaler aktiv und Du schaffst es zweimal die Woche in die Geschäftsstelle, treibst selbst Sport beim TVB, es stehen Sitzungen und Veranstaltungen an – wie bekommst Du das alles unter einen Hut?

Petra: Es ist in der Tat eine Herausforderung. Aber Christian und ich sind ein eingespieltes Team und bekommen so den Verein und unser Privatleben unter einen Hut. Und es gibt auch tatsächlich Zeiten, in denen es auch im Verein ruhiger ist. Wir haben ja nicht immer Jubiläum.

TVB: Turngarten, Hallenerweiterung, Sanierung der Tornhall – der TVB hat ja einiges vor in den nächsten Jahren. Glaubst Du, der Verein kann das alles stemmen?

Petra: Gute Frage. Wichtig ist auf jeden Fall, dass für diese Herausforderungen neue Mitstreiter gewonnen werden. Denn die „üblichen Verdächtigen“ die den letzten Hallenanbau geleistet haben, sind natürlich auch älter geworden. Jetzt ist die jüngere Generation gefragt, die Tornhall, unser zweites Zuhause, zu gestalten.

 

"Der Turngarten wird zur Begegnungstätte"

 

TVB: Wie siehst Du den Verein in zehn Jahren?

Petra (überlegt lange): In meiner Vision haben wir die TV-Sporthalle erweitert, um der Nachfrage nach Sportangeboten gerecht zu werden. Ich denke hier an die Jugend, aber auch an den Gesundheitssport. Vielleicht sogar ganz neue Sportangebote. Vielleicht haben wir eine Gruppe im Bereich Inklusion? Die Mitgliederzahl liegt bei 1800 und die Geschäftsstelle wird hauptamtlich geführt. Wir sind weiterhin ein kultureller Anlaufpunkt: Fastnacht, Bock uff Hessisch, Spargelkerb, Volksradfahren, Kerb, Sportlerball und Turnerweihnachtsfeier, um Mal einige zu nennen. Der Turngarten wird zur Begegnungsstätte. Auch das Thema „Flüchtlinge“ wird den TV in der näheren Zukunft nicht unberührt lassen. Die Gemeinde wird weitere Flüchtlinge aufnehmen und auch hier haben wir als Verein eine Verantwortung zu tragen.

TVB: Ein Verein lebt ja durch das Ehrenamt. Bei TVB scheint das enorm gut zu funktionieren. Woran liegt das Deiner Meinung nach?

Petra: Ich glaube, der gemeinsame Erfolg spielt eine große Rolle. Nehmen wir das aktuelle Beispiel U16-Disco an der Fastnacht. Die Organisatoren haben gemeinsam die Veranstaltung in vielen Stunden vorbereit, ohne zu wissen, was am Ende raus kommt. Ich war als Veranstaltungsleiterin dabei und es war toll. Es war schön zu sehen, wie das Organisationskomitee sich über jeden einzelnen Besucher und das Treiben auf der Tanzfläche freute. Die erträumten 150 Kids waren es dieses Jahr nicht – aber nächstes Jahr, da bin ich mir sicher. Die gleiche Erfahrung hatten wir übrigens auch vor vier Jahren gehabt, als wir die Fastnacht in der Tornhall wieder belebt haben. Ich habe die letzte Veranstaltung davor mit fünfzig Besuchern erlebt – das war schon frustrierend. Viel Aufwand durch unseren Wirtschaftsausschuss für nichts. Durch die erfolgreichen Mottopartys stieg auch Motivation der vielen Helfer wieder an.

Aber um auf die Frage zurück zu kommen: Eine weitere Rolle spielt auch, dass das Ehrenamt bei uns in den Familien vorgelebt wird. Die Jugendlichen bekommen mit, was die Eltern machen und rutschen dann nach. So haben wir auch sehr viele junge Übungsleiter, die mit ihrem Engagement dazu beitragen, dass es uns an Nachwuchs nicht mangelt. Und wir fördern das natürlich auch, in dem wir Aus- und Weiterbildungen finanzieren und sind offen für Neues. Natürlich gibt es auch Bereiche, wo wir uns mehr Helfer wünschen.

 

"Der Verein ist ein tolles Gesamtpaket"

 

TVB: Was fehlt Dir im Verein? Irgendwas kann man immer besser machen.

Petra (muss wieder nachdenken). Schwieriges Thema. Meiner Meinung nach ist der Verein ein tolles Gesamtpaket. Fehlen tut mir spontan nichts – es fehlt höchstens eine größere Tornhall. Zwei Themen fallen mir allerdings ein, die besser werden könnten. Noch mehr freiwillige Mitarbeit an den Diensten unserer Veranstaltungen. Dies würde unseren Verantwortlichen für Eventplanung (Dorit Hein) und Kultur (Hans-Peter Jockel) einiges leichter machen. Je mehr Helfer wir haben, umso eher können wir pro Veranstaltung ein Zwei-Schicht-System einführen und die Dienste dauern nur halb so lang. Ausbaufähig sind auch die Mitarbeit bei den Pflichten der Gemeinde Büttelborn gegenüber. So haben wir es dieses Jahr nicht geschafft, ein oder zwei Teams zum Plakettenvorverkauf für den Rosensonntagsumzug zu organisieren. Das können wir besser und Ideen habe ich dazu auch schon.

TVB: Das Dreigestirn Schröder, Scharping und La Fontaine hatte damals bei der SPD nicht funktioniert. Ihr seid sogar zu viert an der Spitze des Vereins. Geht das auf Dauer gut?

Petra: Es hat jeder seinen Bereich in dem er/sie gut ist. Wir lassen jedem den Freiraum in seinem Bereich, stehen uns aber gegenseitig bei Themen/Fragen/Problemen beratend zur Verfügung. Klingt jetzt vielleicht blöd, aber wir nehmen uns nicht als super wichtig wahr. Denn ohne den Vorstand, Montagsmaler, Wirtschaftsausschuss, Übungsleiter und sonstige Helfer, Sponsoren, Gönner und die Unterstützung der Gemeinde Büttelborn könnten wir vier auch nicht viel ausrichten.

TVB: Gibt es sonst noch etwas, was Du loswerden möchtest?

Petra: Au ja, meine Lieblingsvision. Einmal eine Jahreshauptversammlung, die im Saal stattfindet, bei der der Vorstand auf der Bühne Platz nehmen muss, weil unten kein Platz mehr ist. Dieses Jahr könnten wir ja schon mal einen Anfang machen und versuchen, am 29. April die magische Zahl von 60 Teilnehmern (letzten Jahr waren es immerhin 58) zu knacken. Nein, ich rauche Nichts und nehme auch keine Drogen.

TVB: Petra, vielen Dank für das interessante Gespräch.

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